Florian Silbereisen, die zweite: Diesmal geht’s nach Kolumbien – Palmen, weiße Strände und Kaffeeplantagen warten in der bei uns so kalten Winterzeit. Wieder wird zwischen Passagieren gestritten und geliebt. Ein blinder Passagier ist auch dabei.
Na bitte, geht doch! Hört man viele sagen, die den mit so viel Hype erwarteten Florian Silbereisen als neuen Traumschiffkapitän erlebten. Silbereisen war so wie immer – ein bisschen steifbeinig, ein bisschen zu pathetisch, mit einem schwer gerollten Zungen-„r“ sprach er von der „Rrreederrrei“. Seinen Riesendampfer moderierte er zum „Traumschiff“-Einstand durch eine gefährlich flache Fährrinne und die Sonntagspredigt beim Käpt’ns-Dinner rührte wie immer. Nun folgt schon die zweite Episode mit dem neuen Kapitän. Es geht nach Kolumbien. Palmen, weiße Strände und Kaffeeplantagen warten in der bei uns so kalten Winterzeit.
Dass die vom „Traumschiff“-Erfinder Wolfgang Rademann für so wichtig gehaltene Kapitänsmütze bei Silbereisen immer ein paar Nummern zu groß erscheint, ist geschenkt. Andererseits soll die Rademann-Erkenntnis aber auch heißen: Man muss kein Strassberg- oder Reinhardt-Seminar besucht haben, um „Traumschiff“-Kapitän zu werden. Das Charisma und das Mützengesicht hat man – oder man hat es eben nicht. Über Geschmack lässt sich bekanntlich ja nicht streiten. Wohl aber darüber, ob ein erfolgreicher Schlagermoderator unbedingt Traumschiff-Kapitän werden muss, bloß weil das gut ist für die PR und für die Quote.
Silbereisen hin oder her, spätestens in seiner zweiten Folge, in der es nach Kolumbien geht, schlafen einem die Füße ein. Hatten schon Sarah Lombardi und Joko Winterscheidt – die eine als Sängerin, der andere als Bauchredner und Shampoo-Vertreter – die Unterhaltungsreise merklich abgebremst, so ist nun der ad hoc-Auftritt des „Nationaltorwarts“ Roman Weidenfeller eher peinlich. Ein Benefiz-Torwandschießen (drei unten, drei oben), wie es auf jeder Kirmes zu sehen ist. Dünner sind die Plots, noch spärlicher die Einfälle im Handlungszopf, als je zuvor. Fünf Autoren mühten sich kollektiv, die alten Motive vom blinden Passagier und von heiratswilligen Singles unterschiedlichen Alters ins Parodistische zu wenden. Stets wohlwollend vom servilen Kreuzfahrtdirektor des Harald Schmidt beäugt, fragen sich etwa Anne und Bastian (Nele Kiper, Martin Gruber) unentwegt, ob man sich in einen Menschen verlieben kann, der womöglich als Implantat das Herz des verstorbenen eigenen Mannes trägt.
Hortense (Irene Kugler) will ihre Freundin Rose (Claudia Rieschel) an den Türken Nazim (Tayfun Bademsoy) verkuppeln. Währenddessen holt der blinde Passagier Eric (Lucas Bauer) ein dringend benötigtes Ersatzteil für den Schiffsmotor ab und gewinnt damit eine Wette.
Der Ball wird auch abseits des Weidenfeller-Contests selbst für „Traumschiff“-Verhältnisse äußerst flach gehalten, was Dramatik und Konversation betrifft. Immer wieder raschelt Papier, etwa wenn der Schiffsarzt erklärt, dass „weder das Herz noch ein anderes Organ etwas Metaphysisches“ habe, oder wenn der verliebte Osmane sagt: „Ich kann handeln, ich bin Türke!“, bevor er heimlich das güldene Amulett für die Künftige besorgt.
Hoffentlich ist diesmal Desiree Nick mehr von Florian Silbereisen begeistert.
Ach ja, das „Traumschiff“! Es ist halt längst ins Schlingern geraten, womöglich schon als Rademann vor Zeiten bemerken musste: „Mir gehen die Traumziele aus“, und sich fortan die Destinationen zu wiederholen begannen. Jede TV-Tradition darf einmal in Ehren zu Ende gehen. Einen Schrecken ohne Ende hat der schwimmende Sehnsuchtsboulevard jedenfalls nicht verdient.